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Buchtipps

Der Autor, „der in Wirklichkeit ganz anders heißt“, beschreibt in seinem Roman das Leben seines Alter Ego Paul in der autonomen Szene Westberlins zwischen 1980 und 1995. Paul ist in Berlin geboren und stößt als Schüler zur Hausbesetzerbewegung. Nach deren Zerfall beteiligt er sich an den weiteren Aktionen, Kampagnen und Debatten der Autonomen. So ist das Buch in 45 Szenen unterteilt, die in zwei große Blöcke gegliedert und chronologisch aufgebaut sind.

In drei große, miteinander verknüpfte Erzählstränge hat die norwegische Autorin Maja Lunde ihren Erfolgsroman Die Geschichte der Bienen gegliedert. Im China des Jahres 2098 bestäubt die Arbeiterin Tao von Hand Blüten, denn die Bienen sind längst ausgestorben. Nicht nur in China hat die menschliche Zivilisation große Rückschritte erlitten und kämpft um ihr Fortbestehen. Da wird Taos Sohn Wei-Wen von einer mysteriösen Lähmung befallen und von den Behörden zu medizinischen Untersuchungen in die Provinzhauptstadt geschafft.

Nach einem Streit mit ihrem psychisch labilen Vater lässt dieser die zwölfjährige Liberty und ihre achtjährige Schwester Billie an einer Tankstelle in der Wüste von Arizona allein zurück. Der Tankstellenpächter ist den beiden Mädchen unheimlich und so schmuggeln sie sich in ein parkendes Auto und machen sich auf die Flucht. Während die jüngere Billie immer noch hofft, ihr Vater könne zurückkehren, hat Liberty diese Hoffnung längst aufgegeben und misstraut jedem, dem sie auf ihrem Weg begegnen.

Der angenehme Grusel eines Chabrol-Films stellt sich ein, wenn Lemaitre die französische Provinz beschreibt. Was da unter der Oberfläche so gurgelt und strudelt, Menschen aneinander gekettet, das beschreibt er in seinem dem Prix Goncourt nachfolgenden Roman Drei Tage und ein Leben. Und er tut dies mit kriminellem Spannungsbogen, ein Kind verschwindet, mehr darf hier nicht verraten werden, und bleibt verschwunden, also gut soviel doch.

Als Fünfjährige floh Emilia Smechowski im Sommer 1988 mit ihren Eltern von Wejherowo nach Westberlin, aus einem Dorf in Westpreußen in eine eingemauerte Stadt. Die Familie hat den „polnischen Abgang“ gemacht, sie floh still und heimlich, in einem Polski Fiat, der gepackt war mit Badeanzügen, Schlafsäcken und Zelt — für einen vermeintlichen Rimini-Urlaub. Ebenso wie in Polen niemand von der Flucht wissen durfte, sollte später in Deutschland keiner wissen, woher die Familie kam. Fortan wollten die polnischen Smechowskis deutscher sein als die Deutschen selbst. So wie viele andere Polen auch.

Der gefährlichste Ort der Welt – für eine Gruppe von Jugendlichen ist dies ausgerechnet Mill Valley, ein paradiesisch anmutendes Städtchen oberhalb der Bucht von San Francisco. Die meisten Einwohner haben es zu Wohlstand gebracht, die Jugendlichen der örtlichen Highschool führen ein Leben ohne materielle Sorgen und Zukunftsängste. Doch der Selbstmord eines Schülers gibt den Blick frei hinter die Fassaden einer nur oberflächlich heilen Kleinstadt.

Uwe Timms Novelle Die Entdeckung der Currywurst zählt für mich zu den schönsten und sympathischsten deutschsprachigen Romanen. Deshalb hat es mich besonders gefreut, dass es bei seinem neuesten Werk gewisse Ähnlichkeiten zur Currywurst gibt. Wieder geht es um die letzten Kriegstage und die erste Zeit nach Kriegsende, wieder wird der Held ausgeschickt, um gewisse Dinge in Erfahrung zu bringen und wieder werden diese Dinge von einer Person erzählt, die mehr im Sinn hat, als ihrem Interviewer die gewünschten Informationen zu liefern.

Gila Lustiger - in Frankfurt geboren - lebt seit 1987 als freie Autorin in Berlin. Sie hat einen genauen Blick auf Frankreich. In ihrem Roman Die Schuld der Anderen lässt sie einen hartnäckigen Journalist auf Verstrickungen von Wirtschaft, Geld und Politik stoßen.

„Sam hat erreicht, wovon er immer träumte: Er lebt als Staranwalt in New York und ist mit der einflussreichen Ruth Berg verheiratet. Doch sein Leben beruht auf einer Lüge: Um seine arabische Herkunft zu verbergen, bediente er sich der Identität seines jüdischen Freundes Samuel, der als Schriftsteller gescheitert ist. Ihre Freundschaft zerbrach einst an Nina, der Frau, die beide Männer leidenschaftlich liebten. Zwanzig Jahre später treffen sich die drei in Paris wieder – und das Schicksal zieht jeden Einzelnen zur Rechenschaft.“

Dieser autobiografische Roman ist kein trauriges Buch, denn das ‘Ende von Eddy’ ist ja die Geburt von Edouard, dem Jungen, der die nordfranzösische Provinz hinter sich lässt und dem die Flucht ins neue, bessere Leben gelingt. Dies ist doch auch ein sehr trauriges Buch, denn es beschreibt, für einen Großteil der Leser sicher unbekannt elende, frühkapitalistisch anmutende Zustände in einem Dorf in der Picardie.

 

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