Unterleuten – ein imaginäres 200 SeelenDorf in Brandenburg, nahe Berlin. Ein Mikrokosmos, in dem Großstadtaussteiger auf Alteingesessene treffen. Die einen suchen das ländliche Idyll, die Ruhe und Einfachheit, die unberührte Natur. Die anderen, Wendegewinner und verlierer sind daran gewöhnt, alles selbst in die Hand zu nehmen und unter sich zu regeln, nichts vom Staat zu erwarten.
Als eine Investmentfirma in unmittelbarer Dorfnähe einen Windpark bauen will, brechen die alten, unterdrückten Streitigkeiten wieder auf und die Illusion des ungestörten Landlebens gerät ins Wanken. Die Zugezogenen wollen mitmischen, verstricken sich aber recht ahnungslos im herrschenden Beziehungsgeflecht. Jeder kämpft für sich und glaubt im Recht zu sein – von Loyalität und Zusammenhalt keine Spur.
Die ständig wechselnde Erzählperspektive lässt den Leser die Handlung aus unterschiedlichen persönlichen Wirklichkeiten betrachten. Auf allen Seiten werden die eigenen Interessen gnadenlos durchgesetzt. Die Lage eskaliert immer mehr, das Idyll wird zur Hölle. Am Schluss kann niemand mehr begreifen, wie banal der ursprüngliche Anlass dafür war.
Spannend wie ein Thriller liest sich diese oft grotesk anmutende Gesellschaftsanalyse. Präzise seziert Juli Zeh die Werte unserer Gesellschaft anhanddieses kleinen Dorfes, das doch eigentlich so sympathisch sein könnte. (I. Fugmann)